Interessante Motive für ein Foto finden

Der Weg zu einem Foto beginnt mit der bewussten Wahrnehmung seiner Umwelt und unterscheidet sich deshalb sehr vom täglichen „Schauen“ zur Bewältigung des Alltags.

Um die Flut an Eindrücken verarbeiten und notwendige Entscheidungen treffen zu können, filtert unser Hirn die relevanten Informationen heraus. Details sind zwar vorhanden, werden aber weitgehend ignoriert – nicht bewusst wahrgenommen, wenn diese keine Relevanz für die unmittelbare Tätigkeit haben.

Spazieren wir beispielsweise über eine Strasse, nehmen wir den Strassenverlauf wahr, andere Personen, Gebäude, Autos, … jedoch beschränkt sich diese Wahrnehmung darauf uns sicher durch das Geschehen zu bringen. Details sind dafür nicht wichtig und werden deshalb „ausgeblendet“.

Umgebung bewusst wahrnehmen

Wollen wir nun in diesem Beispiel interessante Motive erkennen, müssen wir bewusst hinsehen. Begegnen uns interessante Gesichter? Eine Szene in einem Kaffeehaus welche die Atmosphäre widerspiegelt? Interessante Linien in den Gebäuden?

Das muss man anfangs ein wenig üben, wird aber als Fotograf schnell zur Gewohnheit.

Ein praktisches Beispiel

Vor kurzem spazierte ich bei einem kleinen privaten Workshop mit Claudia entlang des Donaukanals. Ziel war es die Wahrnehmung zu schärfen und interessante Motive in der Flut der Eindrücke zu finden und anhand einfacher Bildregeln festzuhalten. Sich in der Bildkomposition mit dem Motiv auseinander zu setzen und – falls möglich – das Bild mittels der Komposition mit einer Aussage versehen.

So entstand „#freedom“ von Claudia. „Freiheit“ ist ein Fundament – in diesem Fall die Treppe – auf dem die Menschen stehen. Unterhalb ist im Bild Raum für die „Unterdrückung“ gelassen, oben sieht man Menschen die darauf stehen. Es symbolisiert so viel mehr als nur einen netten Hashtag, wenn man sich mit dem Bild intensiver auseinander setzt und darüber nachdenkt.

Perspektivensuche

Nicht jedes Motiv offenbart sich sofort.

Manchmal muss man gezielt danach suchen. In diesem Fall wollte ich sehen ob ich das „Schützenhaus“ von Otto Wagner als Reflexion in eine Lacke bekomme.

Dazu muss man schon einmal die gewohnte – stehende – Perspektive verlassen.

Leider hatte ich an diesem Tag nur mein altes iPhone mit, da ich beraten wollte und nicht selbst fotografieren.

Doch die Herausforderung war zu gross um darauf zu verzichten. Ich wollte sehen ob es möglich ist, ein ansprechendes Foto aus dieser ungewöhnlichen Perspektive zu machen.

Von der mangelhaften Bildqualität des alten iPhones abgesehen, bin ich mit dem Bild selbst doch sehr zufrieden.

Fazit

Geht mit offenen Augen spazieren. Überlegt Euch, was interessant sein könnte. Wie Ihr einem Foto einen Mehrwert geben könnt, wenn man sich damit auseinander setzt. Wofür Leerräume stehen könnten, was auch symbolisch zu deuten sein könnte. Beispielsweise könnte die Wasserlacke auch für schnelle Vergänglichkeit stehen.

Habt Ihr ein Motiv entdeckt, sucht nach einer interessanten Perspektive und Komposition. Dann erst greift zur Kamera und haltet diesen Eindruck in einem Foto fest.

Wenn Ihr Bilder von Anderen betrachtet seht sie euch bewusst an. Vielleicht wollte der Fotograf mehr vermitteln als nur einen schönen Moment. Was könnt Ihr in den Bildern über den ersten Eindruck hinaus entdecken?

Fotografie ist so viel mehr als nur ein schneller, schöner Schnappschuss!